Samtgemeinde oder Einheitsgemeinde?

Inhalt

Vorwort des Samtgemeindebürgermeisters

Das ist ein guter Zeitpunkt nachzufragen:

Über was reden wir hier genau?

Kürzere Wege – schneller Ziele erreichen

Wo muss was beantragt werden?

Ein Blick Richtung Einheitsgemeinde

Schema Ausbau der Samtgemeinde


Liebe Einwohnerinnen, liebe Einwohner,

in Absprache mit allen Fraktionen des Samtgemeinderates und den Bürgermeistern in Vertretung für alle Räte der Mitgliedsgemeinden wollen wir ein Thema, welches nicht ganz neu ist, nochmal betrachten: Es handelt sich um die Möglichkeit, eine Einheitsgemeinde zu bilden.

Wir wollen uns dem Thema sachlich nähern und mit dem nachstehendem Artikel* zunächst Start-Anregungen geben, die zum Nachdenken anregen sollen. Dabei steht für uns nicht das Kostenargument im Vordergrund, sondern die inhaltlichen Punkte und wie sie sich auf das Zusammenwirken für die Daseinsvorsorge auswirken.

Dazu wollen wir Für- und Wider-Argumente sammeln, diese abwägen, über mögliche Ausgleiche sprechen und ggf. nach tragfähigen Alternativen suchen.
Dies möchten wir ungern alleine tun, sondern Sie einbinden. Und Ihnen die Möglichkeit geben, sich zu beteiligen. Ihre Rückmeldungen, Anregungen und Fragen nehmen wir (alle politischen Vertreter:innen, die Vertreter:innen der Verwaltung in den Mitgliedsgemeinden und ich als Samtgemeindebürgermeister) gerne entgegen. Hierzu stehen wir persönlich, postalisch über die Rathaus-Adresse oder per E-Mail an einheitsgemeinde@horneburg.de zur Verfügung.

Wir haben uns bisher noch keinen konkreten Ablauf und Zeitplan erstellt, da wir zunächst die Resonanz zum Start-Artikel* abwarten möchten. Aber wir sind uns sicher, dass ein solcher kommen wird, es fragt sich nur wann.

Schließlich erhoffen wir uns, dass sich eine offene, sachliche und faire Diskussion ergibt, an deren Ende eine demokratisch herbeigeführte Entscheidung in die eine oder andere Richtung stehen wird.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine interessante Lektüre; mir hat der Artikel jedenfalls auf die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema Spannung und Vorfreude bereitet.

Ich danke bereits im Vorwege allen, die sich an dieser Diskussion beteiligen. *Besonders danke ich den Personen, die am nachstehenden Artikel mitgewirkt haben.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Knut Willenbockel
Samtgemeindebürgermeister


*

Samtgemeinden sind freiwillige Zusammenschlüsse von Gemeinden eines Landkreises. Sie wurden mit der Verwaltungs- und Gebietsreform 1972 als Übergangslösung eingeführt. Nichts ist so dauerhaft wie ein Provisorium. In Horneburg sollen in diesem Jahr 50 Jahre Samtgemeinde gefeiert werden.

Das ist ein guter Zeitpunkt nachzufragen:

Ist die Samtgemeinde noch zukunftsorientiert? Derzeit gibt es 116 Samtgemeinden in Niedersachsen und 289 Einheitsgemeinden (Stand 31.10.2021). Seit 2010 gab es 38 Verfahren zur Änderung. Uns stellt sich die Frage: Warum überlegen immer mehr Samtgemeinden den Schritt zur Einheitsgemeinde? Ein häufiger Grund ist und waren finanzielle Schwierigkeiten.

Wir aber möchten den Wandel zur Einheitsgemeinde nicht aus Not heraus anregen, sondern die Kräfte der Gemeinden bündeln. Gemeinsam können wir, zum Wohl aller Bürger:innen mit einer modernen Verwaltung an der Seite mehr schaffen.

In einer Samtgemeinde bleiben die Mitgliedsgemeinden rechtlich selbständig. Daher hat jede Gemeinde ihren eigenen Haushalt. Jedes Jahr werden sechs Haushalte erarbeitet (einmal Samtgemeinde, fünfmal Gemeinden), diskutiert und beschlossen. Die Arbeit wird dabei von den selben Leuten erledigt, von ein und derselben Verwaltung. Derzeit leben 13.425 Personen in der Samtgemeinde Horneburg. Aufgeteilt auf die Gemeinden: Agathenburg 1.350 – Bliedersdorf 1.811 – Dollern 2.242 – Horneburg 6.415 und Nottensdorf 1.607 (Stand 31.12.2020).

Die einzelnen Gemeinden haben im Wesentlichen folgende Aufgaben:

  • die Finanzhoheit (Haushaltsplan und Steuern),
  • die verbindliche Bauleitplanung (Aufstellung von Bebauungsplänen) und
  • in Dollern und Agathenburg noch die Kinder- und Jugendarbeit.

Über was reden wir hier genau?

Alle Aufgaben, in allen Gemeinden, erledigt die Samtgemeindeverwaltung und stellt diese den Mitgliedsgemeinden in Rechnung. Chancen und Möglichkeiten zu erkennen und richtig einzuschätzen ist für Bürger:innen und ehrenamtliche Politiker:innen schwer. Hier leistet die Verwaltung die gesamte Vorarbeit und informiert bzw. berät die einzelnen Gemeinderäte. Eine eigenständige Personalstruktur je Gemeinde im Hinblick auf die Verwaltung gibt es nicht. Jeder Gemeinderat und deren Bürgermeister wird durch einen Gemeindedirektor (der hauptamtlich andere Aufgaben innerhalb der Samtgemeindeverwaltung ausübt) unterstützt. Es ist offensichtlich, dass die Verwaltung mit Sitzungen in fünf Mitgliedsgemeinden und im Samtgemeinderat mit den Gremiendiensten zeitlich und personell stark beansprucht wird.

Kindertagesstätten befinden sich in allen Gemeinden, in Agathenburg eine, in Bliedersdorf eine, in Dollern zwei, in Horneburg drei und in Nottensdorf eine, zusammen acht Einrichtungen in unterschiedlicher Trägerschaft (DRK, AWO und Gemeinde). Die Anmeldung und Zuweisung der Plätze erfolgt für alle über die Samtgemeinde. Mit Ausnahme der Einrichtungen in Agathenburg und Dollern haben die Gemeinden die Verwaltung der Kitas auch bereits an die Samtgemeinde abgegeben.

Derzeit gibt es drei Grundschulen Agathenburg/Dollern, Bliedersdorf/Nottensdorf und Horneburg. Die Verbundenheit und Verknüpfung der Grundschulen zeigen bereits, wie sehr die Gemeinden darauf angewiesen sind zusammen zu arbeiten. Darüber hinaus bietet die Oberschule in Horneburg die Möglichkeit, innerhalb der Samtgemeinde eine weiterführende Schule zu besuchen.

Weiteres Beispiel sind die Haushalte. Die Räte der einzelnen Gemeinden beraten den Haushalt und beschließen ihn. Aufgestellt werden die Haushalte aber für alle von der Samtgemeindekämmerei.

Zu erwähnen sind auch die weiteren Arbeiten in der Haushaltsführung. Neben den Jahresabschlüssen müssen u. a. Rechenschaftsberichte und ggf. Haushaltssicherungskonzepte aufgestellt werden. Bedingt durch das Konstrukt Samtgemeinde erfolgt dies stets sechsfach.

Kürzere Wege – schneller Ziele erreichen

Veränderungen durch eine neue Struktur mittels Einheitsgemeinde gäbe es auch im Hinblick auf die politischen Gremien. Derzeit existieren in jeder Gemeinde ein Bürgermeister (Anmerkung: vom Gemeinderat und nicht von den Bürger:innen gewählt) und ein Gemeinderat (direkt von den Bürger:innen gewählt). In Summe sind das 63 Mandate in den fünf Gemeinden, elf in Agathenburg, elf in Bliedersdorf, dreizehn in Dollern, neunzehn in Horneburg und zehn in Nottensdorf. In dem Rat der Samtgemeinde gibt es derzeit 31 Mandate. Aktuell haben 25 von den 31 Mandatsträgen auch ein Mandat im jeweiligen Gemeinderat. Alle sechs Gremien und zum Teil zusätzliche Ausschüsse werden alle von der Samtgemeindeverwaltung begleitet (u. a. Vorbereitungen, Sitzungsbegleitung, Haushaltsaufstellung, Antrags- und Projektarbeit). Dieser Umstand bindet sehr viel Sachbearbeitung, Personal und natürlich Zeit, die effektiver gestaltet werden könnte.

Wo muss was beantragt werden?

Die Bürger:innen wenden sich mit ihren Anliegen direkt an das Samtgemeinderathaus in Horneburg – oder sie sprechen den Bürgermeister vor Ort an, damit dieser ihre Anliegen weiterträgt. Der gesamte Bürgerservice wird zentral in Horneburg geleistet.

Für Bürger:innen, gerade für Zugezogene, ist die Struktur bzw. die Differenzierung zwischen Gemeinde und Samtgemeinde oft nicht sofort ersichtlich. Im Flecken Horneburg ist eine Trennung fast gar nicht mehr möglich. Ein Beispiel: Der Flecken plant die Spiel- und Bolzplätze, die Samtgemeinde unterhält diese dann.
Die räumlichen Distanzen innerhalb der Samtgemeinde sind gering. Bereits heute hat nicht jede Gemeinde eine Lebensmittelversorgung vor Ort oder eine medizinische Versorgung. Eine gemeinsame Entwicklung ist für uns alle wichtig! Eine gesunde Einheit kann Mehrwert für alle Bürger:innen schaffen und bieten. Ein „Wettbewerb“ zwischen den Gemeinden wirkt negativ und bindet unnötige Kapazitäten in der Verwaltung, welche wohlgemerkt alle Ansätze begleiten und vorbereiten muss. Eine Vielzahl von Vorgaben und Aufgaben sind in einer stark fokussierten gemeinsamen Verwaltung abzubilden. Hier nennen wir nur die Bereiche kommunale Wärmeplanung, Energieversorgung und Digitalisierung sowie den Flächennutzungsplan.

Ein Blick Richtung Einheitsgemeinde:

Was könnte sich ändern? Mit einer Fusion zur Einheitsgemeinde würde es keine Gemeinderäte in den Orten geben. Der Rat der Einheitsgemeinde (ersetzt den Samtgemeinderat) wäre für alle Entscheidungen zuständig. Bereits heute ist jede Gemeinde im Samtgemeinderat vertreten. Vorrangig die einheitliche Planung für die Gesamtheit im Gemeindegebiet wäre wesentlich effizienter zu gestalten. Ja, es würde zwar ein Teil der Ratspolitik vor Ort wegfallen – aber es würde Politik und Verwaltung bedeutend entlasten. Dabei ist die Möglichkeit gegeben, weiterhin Ortsräte zu bilden. Somit verbleiben vor Ort weiterhin Ansprechpartner für die Bürger. Für die Ortsräte kann ein Budget bereitgestellt werden.

So könnten die Herausforderungen mit den vorhandenen personellen und finanziellen Vorgaben effizienter angegangen werden.

Beim Blick in die Zukunft sollte es nicht um Posten, persönliches Empfinden oder Parteipolitik gehen, sondern um die Einheit der gesamten Gemeinde! Beispielsweise eben die Einheitsgemeinde.

Prüfen wir mutig und ergebnisoffen die Möglichkeiten dieser Perspektive, um unsere Verwaltung zu entlasten, Einsparpotentiale zu erkennen und gemeinsam in der Zukunft die Aufgaben anzupacken.

Es gibt viel Gestaltungsraum – warum diesen nicht nutzen?


Schema Ausbau der Samtgemeinde

Schema Ausbau der Samtgemeinde