Henning Köhlert:
Mit dem Frachtschiff um die Welt
Einen unterhaltsamen und hochinteressanten Abend hatten die „Methusalems“ in Kooperation mit der Horneburger Bücherei im Burgmannshof organisiert: Endlich – nach zwei vergeblichen Anläufen war es trotz neuerlichem Anstieg der Krankenzahlen in der sogenannten vierten Corona-Welle für zwanzig Seefahrt-Interessierte möglich, Henning Köhlerts Fotoschau „Mit dem Frachtschiff um die Welt“ zu genießen. Dieser unerschrockene Seebär aus Leidenschaft ließ uns gern teilhaben an seien Erfahrungen und Erlebnissen mit dem Container-Frachtschiff CMA CGM LISA MARIE von Singapur um die Welt und zurück nach Singapur. Es muss schon eine besondere Sehnsucht nach der Ferne, nach fremden Ländern und Kulturen die Triebfeder für so ein ungewöhnliches Abenteuer sein, denn auf einem Frachtschiff herrschen keine Traumschiff-Zustände. Es gibt auch kein „Rund-um-die-Uhr“-Animationsprogramm.
Wer sich auf so eine Reise begibt, der muss sich auf beinah bedrückende Enge an Deck einstellen und wochenlange Aussicht auf Meer und nichts als Meer ertragen können. Das ist nur etwas für Menschen, die auch mit sich allein etwas anzufangen wissen. Menschen wie eben Henning Köhlert einer ist. Auch kann man auf so einer Seereise nicht erwarten, in jedem Hafen ausgiebig das Landleben genießen zu können, denn für ein Frachtschiff heißt es „Zeit ist Geld“, und lange Liegezeiten sind nicht rentabel. Gleich bei Antritt der Seereise verpasste man Henning Köhlert eine komplette Ausstattung: Overall, Helm und festes Schuhwerk, entsprechend den geltenden Sicherheitsvorschriften, waren auch für den erfahrenen Frachtschiff-Reisenden ein Novum. Doch schon bald wurde die flotte Montur in der tropischen Hitze und bei den täglichen sportlichen Joggingversuchen zur Last. Zwischen den eng gestapelten Containern und der Bordwand war kaum Platz und blaue Flecken waren unvermeidlich. Landgänge wurde nach der Enge an Bord natürlich genossen, besonders wenn sie in Begleitung von Crew-Mitgliedern oder zwischenzeitlich mitreisenden Touristen unternommen wurden. Endlich Farbe, endlich pulsierendes Leben nach dem endlosen Blau des Meeres und nach den Unbilden eines Taifuns. „Die Landgänge in Manzanillo, Mexiko, Panama City, Cartagena, Kolumbien waren ein echter Kontrast dazu“, berichtete den andächtig Lauschenden der Referent. Doch meistens war die Zeit zu kurz, um sich einzulassen auf das Unbekannte und die verborgenen Schätze der Hafenstädte zu entdecken. Was hat dem Vielgereisten auf dieser langen Tour besonders gefallen? „Besonderer Höhepunkt der Reise war die Passage durch den neuen Teil des Panamakanals“, befand er. Aber es gab auch Belastendes zu berichten: Vier schrecklich lange Tage und Nächte wütete im Nordpazifik ein Taifun, den der Kapitän, immer weiter Kurs Nord haltend, schließlich sogar via Bering-See zu umschiffen versuchte. Unruhige Nächte, wenig Schlaf und kein Aufenthalt oder gar Arbeiten an Deck möglich, das war sicherlich Nervenkitzel pur. Auf seinem Platz auf der Brücke, dem freien Lotsenstuhl, konnte Henning Köhlert mit leichtem Grusel die Urgewalt der Natur pur erleben. Die gewaltigen Brecher, die über die Reling klatschten, konnten wir Zuschauer dank einer Videoaufnahme so richtig nachempfinden. Auch die vielen Zeitumstellungen wurden als belastend empfunden, besonders in den fünf Wochen nonstop von der Dominikanischen Republik bis zurück nach Singapur. Und endlich ging’s nach Monaten auf See von Bord und zurück in die Annehmlichkeiten eines Luxushotels. Im Pool auf dem Dach des Hauses sich ganz dem Genuss des Landlebens hingeben zu können, das ist ein wahres Kontrastprogramm für einen wie Henning Köhlert. Ist seine Sehnsucht nach der Ferne nun gestillt? Wer’s glaubt! Einer wie er wird sein weiteres Rentnerdasein bestimmt nicht in Horneburg hinter dem Ofen verbringen vermutet
Astrid Rehberg