Schiefbahn-Info

Hallo  zusammen,

es ist wieder mal soweit etwas aus Schiefbahn zu berichten, was ich aus dem Heimat- verein erfuhr. Bis Ende des 19. Jahrhunderts war die Bevölkerung vorwiegend in der Landwirtschaft tätig. Ungefähr ein Drittel des Gemeindegebietes bestand aus Bruchgelände, begünstigte Viehzucht und lieferte Torf. Für den Weidegang wurde ein Kuh- und Gänsehirt bestellt, der zum Symbol der Gemeinde wurde.


Die Skulptur Gänsehirt in Schiefbahn
Die Skulptur Gänsehirt in Schiefbahn

Eine Weideliste des Jahres 1822 nennt 171 Pferde,  470 Kühe und 3227 Gänse.

Am 9. Oktober 1794 wurde Schiefbahn von den Franzosen besetzt.

Nachdem Napoleon fast ganz Europa unterworfen hatte, ordnete er den Bau eines schiffbaren Kanals an. Dieser sogenannte Nordkanal war von Neuss über Schiefbahn und Venlo zur Schelde geplant. Napoleon war so sehr an diesem Projekt interessiert, dass er damals den Niederrhein besuchte und am 12. September 1804 auch in Schiefbahn weilte. Rund zwei Drittel des Kanals waren bereits fertig, als Napoleon 1810 Holland seinem Kaiserreich einverleibte; der Kanal war für ihn plötzlich ohne Interesse. Nach neunzehnjähriger Zugehörigkeit zu Frankreich ging Schiefbahn an Preußen.

Unter der preußischen Regierung wurde der Nordkanal dennoch im Jahre 1823 von Neuss bis Neersen (ein Nachbarort, der jetzt auch zur Stadt Willich zählt) für Schiffe bis 15 t schiffbar gemacht. 1876 verkehrte sogar zweimal täglich ein Personenschiff, eine sogenannte Eil-Yacht. Die Schiffe wurden von Pferden gezogen. Bis 1856 fuhr auch noch ein Kohlenschiff. Danach diente der Nordkanal  lediglich als Entwässerungsgraben.

Die Einwohnerzahlen Schiefbahns betrugen 1575 rund 400, 1670 rund 800 Einwohner und 160 Häuser, 1763 rd. 1300 Einwohner, 1849 rd. 2300, 1900 rd. 3300 und 1930 rd 4500 Einwohner  und 670 Häuser, 1961 wohnten mehr als 7000 Einwohner in Schiefbahn. Heute sind es etwa 12000 in der Altgemeinde.

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts zogen eine Reihe jüdischer Händler nach Schiefbahn. 1809 betrug ihre Zahl 20, 1826  52 und 1863  56. Die jüdische Gemeinde erbaute 1858 eine Synagoge an der Straße „Am Tömp“, die 1938 in der sogenannten „Reichskristallnacht“ von SA-Männern angezündet wurde. Um 1939, also bei Kriegsbeginn, lebten in Schiefbahn noch 36 jüdische Mitbürger, die später ausnahmslos deportiert und mit drei Ausnahmen umgebracht wurden. Zwei jüdische Friedhöfe zeugen noch heute davon, dass Schiefbahn einmal eine große jüdische Gemeinde hatte.

Am 23. Februar 1945 eröffneten die Amerikaner mit ihrer „Operation Grenade“ den Angriff auf den Rhein, sie zingelten am letzten Februartag Mönchengladbach. Aus dem Kessel führte nur noch die Straßenverbindung über Neersen nach Krefeld. In der Nacht zum 1. März führten eiligst herangezogene deutsche Panzerverbände einen Gegenstoß in das schon von den Amerikanern besetzte Schiefbahn aus, um den Fluchtweg möglichst lange offenzuhalten. Gegen 21:00 Uhr war Schiefbahn wieder zur Hälfte in deutscher Hand. Bis 2:00 Uhr am Morgen tobte in der Gemeinde ein heftiger Panzer- und Straßenkampf, dem 28 deutsche und mehr als 100 amerikanische Soldaten zum Opfer fielen. 22 schwere amerikanischen Panzer wurden allein in Schiefbahn zerstört. Bei diesen Kämpfen kamen auch 7 Zivilisten zu Tode.

1951 gründete sich eine evangelische Gemeinde in Schiefbahn, hervorgerufen durch die zahlreichen evangelischen Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten. Die Gemeinde errichtete 1957 die behelfsmäßige Evangelische Kirche Schiefbahn, die in den 1980er Jahren in „Hoffnungskirche“ umbenannt wurde und 1994/95 einem Neubau wich.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden mehrere neue Baugebiete erschlossen und das Straßennetz erweitert. Bei der Gründung der Stadt Willich am 1. Januar 1970 brachte Schiefbahn mehr als 10.000 Einwohner ein.

So, das war es wieder mal.

Mit lieben Grüßen und bleibt gesund.

Stefan Biermanski